Ich habe Deeper Learning auf der #KonfBD19 kennengelernt und auf schule digital vorgestellt. Nun hat die seinerzeitige Referentin Prof.’in Anne Sliwka mit ihrer Koautorin Jun.-Prof.’in Britta Klopsch nachgelegt und ein Buch veröffentlicht.

Zunächst eine kurze Einordnung: Deeper Learning beschreibt eine Pädagogik, in der Lernende sich tief greifend mit Wissen auseinandersetzen und selbst Wissen generieren, indem sie es sowohl über instruktiv gesteuerte Prozesse der Aneignung als auch über selbstregulierte Prozesse der Ko-Konstruktion und Ko-Kreation verarbeiten. Nach einer Definition der Hewlett Foundation (2013) ist ein Deeper Learning immer dann gegeben, wenn die folgenden sechs Kriterien erfüllt sind[1]https://hewlett.org/wp-content/uploads/2016/08/Deeper_Learning_Defined__April_2013.pdf:

  1. Aneignung anspruchsvoller fachlicher Inhalte
  2. Entwicklung von Fähigkeiten zum kritischen Denken und Problemlösen
  3. Entwicklung der Fähigkeit zum kooperativen Arbeiten
  4. Einübung wirksamer Formen der mündlichen und schriftlichen Kommunikation
  5. Aneignung von Lernstrategien
  6. Entwicklung einer wissenschaftsorientierten Haltung

Deeper Learning kann als eine „4K Skill-Implementierung” aufgefasst werden, einer Aneignung von Wissen einerseits und der vier Kompetenzen Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität andererseits. Das vielversprechende Unterrichtsmodell versteht sich als Prozess von Instruktion, Ko- Konstruktion und Präsentation.

Buchvorstellung

Der Beltz-Verlag stellt das Buch so vor:

Deeper Learning beschreibt eine innovative Pädagogik, durch die Schülerinnen und Schüler im Kontext der Digitalisierung von passiven Wissensempfängern zu aktiven Gestaltern ihres Lernens werden. Das Buch erklärt die lerntheoretischen Hintergründe des Deeper Learning durch anschauliche Texte, Grafiken und Beispiele. Ein für den deutschen Kulturraum entwickeltes Modell von Deeper Learning knüpft an die bestehende Schulpraxis an und denkt diese konsequent mit den Möglichkeiten und Chancen des 21. Jahrhunderts weiter: Nach einer ersten Phase der Wissensaneignung auf unterschiedlichen Kanälen arbeiten Schülerinnen und Schüler in einer zweiten Phase ko-konstruktiv und ko-kreativ, um dann in der dritten Phase authentische Leistungen zu zeigen, die nicht nur im Klassenzimmer sichtbar werden, sondern darüber hinaus die Lebenswelt mitgestalten. So entwickeln die Lernenden nicht nur Agency, sondern auch die 21st Century Skills Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität.

Die beiden Autorinnen führen theoretisch, praktisch und vor allem evidenzbasiert in das im nordamerikanischen Sprachraum etablierte Lehr- Lernkonzept ein. So berichten sie über erste empirische Befunde zu Deeper Learning, die auf positive Effekte bezüglich folgender Kompetenzen hinweisen:

  • kognitive Kompetenzen, wie das Beherrschen von akademischem Wissen und komplexen Problemlosestrategien
  • interpersonelle Kompetenzen, wie die Fähigkeit zu kooperieren und zu kommunizieren
  • intrapersonelle Kompetenzen in den Bereichen akademisches Selbstkonzept, Lernmotivation, Durchhaltevermögen und Lernstrategien

Was das Buch darüber hinaus auszeichnet, ist die Einordnung von Deeper Learning als Blaupause von gutem Unterricht. Vor allem die Hinweise und Tipps zur kognitiven Aktivierung bereiten den Boden für eine ins Auge gefasste Implementierung des Modells. Die beiden Autorinnen empfehlen u. a.:

Zweierlei kann den Einstieg ins Deeper Learning dabei deutlich erleichtern. Zunächst sollten Lehrkräfte dazu bereit sein, zusammenzuarbeiten, um sich gemeinsam der Aufgabe zu stellen, anspruchsvolle Lernprozesse, deren Ausgang nicht bis ins letzte Detail geplant werden kann, zu ermöglichen. Die gemeinsame Arbeit kann dazu führen, schon in der Vorbereitung kreativ Ideen zu entwickeln, auf die einzelne Lehrkräfte allein gar nicht gekommen wären. Dieser Prozess lässt zu, dass unterschiedliche Lehrkräfte ihre persönlichen Stärken und Interessen in einen gemeinsamen Gestaltungsprozess einbringen. Es gilt dabei, die Schülerinnen und Schüler und ihre Interessen, Bedürfnisse und Potenziale in den Blick zu nehmen. Wie kann ein Lernen gelingen, bei dem sie engagiert sind, eigene Zugänge zum Wissen der Welt entdecken und das Potenzial, das in ihnen steckt, ausschöpfen?

und warten mit umfangreichen Tipps und Praxisbeispielen zu:

  • Mathematik Klasse 10: »Exponentialfunktionen«
  • Englisch Klasse 8: »Australien«
  • MINT-Fächer Klasse 9: »Klimawandel«
  • Gesellschaftswissenschaften, Sprachen, Mathematik Klasse 11: »Soziale Ungleichheit – sozialer Zusammenhalt«

auf. Die Roadmap im Abschlusskapitel sorgt für Orientierung und eine gelungene Übersicht für interessierte Schul- und Unterrichtsentwickler*innen einer Schule. Fortbilder*innen erhalten eine sehr gute Unterstützung, ihre Veranstaltungen um vielfältige Einblicke in das Modell zu bereichern.

Eine klare Leseempfehlung für diejenigen Pädagog*innen, die einen innovativen Unterrichtsansatz näher kennenlernen wollen und darüber hinaus eine Anleitung für erste Schritte einer konkreten Umsetzung erhalten.

Stay tuned